Kaum hört man mal ein paar Tage keine Nachrichten, so kommt eine neue Seuche ums Eck, die uns Menschen nach dem Leben trachtet. Hatte ich mich doch gerade an Ebola gewöhnt, so gibt es nun auf Madagaskar die Pest. In Nordrhein-Westfalen wird schon wieder reihenweise Geflügel geschlachtet – die Vogelgrippe geht um.
Nein, es ist keine Einbildung oder nur der schnelleren Nachrichtenübermittlung zuzuschreiben, dass wir mehrmals pro Jahr mit Epidemien und alle paar Jahre mit einer möglichen Pandemie konfrontiert werden. Das ist auch dann noch so, wenn man den Faktor abzieht, mit dem die Pharmaindustrie möglicherweise versucht, aus der Seuchenangst Kapital zu schlagen.
Zwischen 50% und 70% der Infektionskrankheiten, die uns seit einigen Jahrzehnten (wieder) beschäftigen, sind tierischen Ursprungs: Ebola ist eigentlich in Fledermäusen heimisch, die Pest wird von Flöhen übertragen, bei der Vogel- und der Schweinegrippe sagt es ja der Name schon. Aber ich erinnere auch an SARS, das höchstwahrscheinlich auch ursprünglich aus Fledermäusen stammt.
Heimsuchung durch Seuchen?
Es mag uns so vorkommen, als werden die Erreger immer aggressiver. Doch eigentlich sind wir selbst für diese Entwicklung verantwortlich. Durch die Veränderung zahlreicher Ökosysteme, beispielsweise durch die Rodung von Wäldern – sind die dort lebenden Tiere gezwungen, sich neue Lebensräume zu erschließen. Wenn der eigene Lebensraum verschwunden ist, dann rücken die Tiere eben näher an uns Menschen. Mit diesen wechselseitigen Einflüssen und dem Zusammenspiel zwischen der Gesundheit der Menschen, Tiere und der Umwelt beschäftigt sich die One Health Initiative.
1960 gab es ebenso viele Menschen wie Hühner auf der Erde. Doch während sich die Weltbevölkerung seitdem verdoppelt hat, vervierfachte sich die Zahl der Hühner auf etwa 20 Milliarden. Die Tiere werden auf immer engerem Raum gehalten. Ist es da verwunderlich, dass das Risiko für Infektionskrankheiten – vorerst nur – innerhalb der Art ansteigt?
Steve Osofsky, Direktor für Wildtiergesundheit und Gesundheitspolitik der Wildlife Conservation Society betont, dass die Erreger in Wildtieren in der Regel nicht zu uns kommen, sondern wir zu ihnen. Wenn wir den Tieren genügend Lebensraum geben und nicht ihre Ökosysteme zerstören, Wälder roden und ihnen damit auf die Pelle rücken – also einfach gesagt: wenn sich unsere Wege seltener kreuzen –, dann finden auch weniger Transmissionen tierischer Erreger auf den Menschen statt.
Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus
Doch es geht bei weitem nicht nur um Fledermäuse im Busch von Afrika, die tödliche Viren tragen. Auch wir müssen uns fragen, ob beispielsweise unser Fleischkonsum wirklich notwendig ist, oder ob wir am bestehenden System etwas zum Wohle der Natur und der Tiere – und damit letztendlich auch zum Wohle der eigenen Gesundheit – etwas ändern können. Denn One Health bedeutet eben auch, dass der Mensch sich an die Ökosysteme dieser Welt anzupassen hat und nicht nur umgekehrt. Letztendlich dreht der Mensch an den Stellschrauben und provoziert die Reaktionen. Es gibt nach Schätzungen weltweit noch mindestens 300.000 unbekannte Viren. Wir wären besser dran, uns darauf einzustellen und ein gemeinsames Miteinander anzustreben.
Ein ausführlicher Artikel zu den Zusammenhängen und der One Health Initiative ist auf DocCheck zu lesen.
[fblike]