Milch ist in unserer Gesellschaft und unserem Land ein wichtiges Nahrungsmittel. Die Diskussion, ob das sinnvoll ist, der Mensch ein Milchtrinker ist, wie gut oder schlecht das Kalzium tatsächlich aufgenommen werden und weitere Fragen sollen hier nicht erörtert werden. Es gibt einfach viele Menschen, die gerne Milch trinken oder ihre Haferflocken darin baden, bevor sie diese verzehren. Besonders Kinder und Säuglinge trinken viel Milch. Optimalerweise ist das zuerst die Muttermilch. Doch wenn nicht gestillt wird, muss auf Alternativen ausgewichen werden. Diese Alternativen sind Säuglingsmilchpulver, hergestellt auf Kuhmilchbasis.
Doch etwa zwei bis drei Prozent der Kinder im ersten Lebensjahr sind allergisch auf das Kuhmilcheiweiß, genauer gesagt auf das beta-Laktoglobulin (BLG). In den hypoallergenen Säuglingsmilchen ist das Eiweiß besonders klein gehäckselt, um eine allergische Reaktion zu verhindern. Manchmal klappt das, manchmal nicht. Es hat in jedem Fall den Nachteil, dass die Milch dadurch bitterer schmeckt und viele Babys sie verschmähen.
Milch aus dem Reagenzglas
„Was tun?“, dachte sich eine Gruppe neuseeländischer Wissenschaftler und erfand eine Kuh, die beta-Laktoglobulin-freie Milch gibt! Der Kuh wurde mit molekularbiologischen und gentechnischen Methoden die Information für eine bestimmte, sehr kurze RNA-Sequenz, eine so genannte Mikro-RNA (miRNA), eingesetzt. Wird diese miRNA in der Kuh abgelesen und hergestellt, so binden die kleinen RNA-Moleküle an die RNA-Vorlage für das beta-Laktoglobulin und macht sie unlesbar. Als Konsequenz wird bei der Milchbildung in der Kuh kein beta-Laktoglobulin verwendet. Genau das konnten die Wissenschaftler beobachten. Sie erzeugten ein Kälbchen mit der zusätzlichen Information für die miRNA, brachten es dazu, Milch zu geben und prüften die Inhaltsstoffe: es konnte kein BLG nachgewiesen werden. Großartig, möchte man rufen! Damit wäre das Problem gelöst! Doch Moment: Die Wissenschaftler stellten fest, dass dafür die Menge an Casein in der Milch deutlich zunahm.
Casein kann jedoch ebenso für Milcheiweißallergien verantwortlich sein! Also doch alles für die Katz? Zahlreiche weitere Studien sind nötig, um das zu klären. Und dann wäre da natürlich noch die Frage, ob man Milch von einer gentechnisch veränderten Kuh überhaupt trinken möchte! Ob und welche Risiken das wiederum haben könnte ist ebenso unklar. Bis zur allergenfreien Milch scheint es also doch noch ein weiter Weg zu sein. Bis dahin hilft weiter nur der Verzicht.
Übrigens: Menschen mit Laktoseunverträglichkeit könnten von der Entwicklung nicht profitieren, da sie den Milchzucker, die Laktose, nicht vertragen, mit dem Milcheiweiß aber keine Probleme haben. Aber für die Laktoseintoleranzler gibt es ja gute und leckere Alternativen!
Quelle: Anower Jabed et al., PNAS, http://www.pnas.org/content/early/2012/09/25/1210057109.abstract